Luxus und Leos

Ein Wahnsinnsblick auf die Steppe Namibias, nicht wahr?

Safaris im südlichen Afrika bieten das Abenteuer Wildnis - bei höchstem Komfort. Nicht ganz billig. Dafür schauen einem zum Sundowner die Raubtiere ins Whiskygias.

Tag 1. Mal rein rechtlich betrachtet: Mindern Krokodile die Urlaubsfreude? Auf einem Felsen unweit meiner Hütte liegt so ein Monster, lang wie ein Renault Espace. Comicartiger Überbiss, tückische Glubscher. Eines aus der Gattung der Nilkrokodile, die schon Mr. Johnson verschlangen, das glücklose Faktotum des Afrika-Erforschers Mungo Park*.

Das Croc lauert auf Dumme, die der kühle Kunene-Fluss lockt. Keine Chance, deswegen zu reklamieren. Fährt ja niemand nach Afrika, um Meerschweinchen zu treffen. Im Gegenteil: Je bissiger die Bestien, desto schöner die Reise. Vorsichtshalber haben sich die Veranstalter von Wilderness Safaris Ltd. unterschreiben lassen, dass man sie keinesfalls haftbar machen werde. Und wenn die lokale Fauna einem sämtliche Extremitäten abtrennt.

Hyänen toben nach einer Büffelmahlzeit im Wasser. Diese haben sie im Rudel einer Löwin abgejagt, die sich mit den Resten begnügen muss (rechtes Bild)

Löwin - leer ausgegangen

Unser Programm: Tiere gucken im Schnelldurchlauf, sechs Camps in neunTagen. Serra Cafema, die Nummer eins, liegt im Nordwesten Namibias an der Grenze zu Angola. Blick aus der Hütte: Wild-Südwest. Rechts ein Wüstenplateau, links zerfurchte Bergketten. Dazwischen der Grenzfluss mit Stromschnellen und Crocs. Der nächste Ort eine Tagesreise entfernt. Kein Handy, kein Internet, kein Fernsehen. Kommunikation mit der Außenwelt: nur über Funk. Morgens rattert ein paar Stunden lang der Generator und lädt die Batterien. Eine Piste zum Camp gibt es, aber die ist in keiner Karte verzeichnet. Wir sind in einer thermikgeschüttelten Cessna von der Hauptstadt hochgeritten, mit Tankstopp im Irgendwo. Oh, Flair afrikanischer Aerodrome! Wo die Schotterpisten mit Elefantenscheiße getrüffelt sind und Affenhorden Sit-ins veranstalten. Wo fliegende Cowboys die neuen Reifen ihrer parkenden Mühlen mit Dornenbüschen schützen müssen, weil Hyänen gerne frisches - aber nur frisches! - Gummi benagen. Manchmal rostet ein Benzinfass still neben dem Airstrip, manchmal nicht. Ein löcheriger Luftsack ist ein Extra, ein Plumpsklo Grand Luxe.

Die meisten Lodges sind Zeltlager de Luxe - damit man die Gerüche und Geräusche der Wildnis durch die Leinwand mitbekommt.

AUS DER LUFT ein Mysterium bestaunt, die so genannten Fairy Circles. Millionen von Kreisen umstrittener Herkunft sind über die Region verstreut, bis zu zwölf Meter im Durchmesser, innerhalb derer nichts, gar nichts gedeiht. Bodenverdichtung? Termitenwerk? Es gibt allerlei Theorien, doch keine überzeugt so recht. Die üblichen Außerirdischen also? Däniken, übernehmen Sie!

Archaische Landschaften, blattlos, fast menschenfrei. Biblische Panoramen, pathetisch, endzeitartig. Der Sonnenaufgang über Dünen, Bergen und Grassteppe: die reinste Esoterik-Show. Bögen jetzt Moses und seine Leute um den nächsten Felsen (oder Mad Max), würde das wen wundern? Die schönen Oryx-Antilopen können hier überleben, dank ihrer Fähigkeit, Feuchtigkeit aus der Luft zu filtern. Survival-Künstler sind auch die Himba-Nomaden mit ihren lehmroten, zopfgelockten Frauen. Pendeln passlos zwischen Angola und Namibia, ungestört, seit der Guerillakrieg in der Grenzregion vorbei ist. Doch, manche Dinge bessern sich. Sogar in Afrika.