Tours Magazin, Sonntag, 1. Mai 2005
von Gerhard Lindenlaub

An der Benguelaschwelle

Eine abwechslungsreiche Landschaft zieht uns bei der Weiterfahrt in ihren Bann. Reißende, wasserreiche Flüsse durchziehen das Land von Ost nach West. Westlich von Lubango windet sich im Escarpment, einer steil abfallenden Bergformation, eine von der EU finanzierte neue Straße in Serpentinen tausend Meter in die Tiefe. Bei Sonnenuntergang verharren wir an der Bruchkante der Benguelaschwelle, wo sich vor zig Millionen Jahren Amerika von Afrika trennte, und genießen den weiten Blick.

 

Am Abend serviert man uns im Garten einer bescheidenen Gäste-Lodge in Namibe am Atlantischen Ozean köstlichen Garuba-Fisch. Tags darauf sehen wir zu, wie die Fischer am Straßenrand und auf Mauervorsprüngen sorgsam ihren frühmorgendlichen Fang ausbreiten. Die Fischerschuppen glänzen in der Morgensonne, die noch kühle Luft riecht angenehm nach Salz und Meer. Parallel zur Küste fahren wir jetzt nach Norden. Nach über dreihundert Kilometern, kurz vor Benguela, bewährt sich der Allradantrieb. Differenzialsperre, das geschwindigkeitsreduzierende Vorschaltgetriebe und das höher gelegte Fahrwerk mit verst ärktem Bodenschutz sind sehr nützlich auf der schmalen und felsigen „ Straße". Kaum ein Land Afrikas ist vom Tourismus so wenig beleckt wie Angola ...
Kaum ein Land Afrikas ist vom Tourismus so wenig beleckt wie Angola ...
Trotz sehr langsamer Fahrt schaukelt der Sprinter in bedenklicher Seitenneigung. Der geschulte Fahrer stellt sein Können souverän unter Beweis, aber unsere Nerven sind angespannt. In zwei Stunden legen wir weniger als 20 Kilometer zurück. Gottlob haben wir Kühlschrank und Tiefkühlbox an Bord, auch ein Kompressor zum Aufpumpen der Luftmatratzen und die 220-Volt-Anlage zum Aufladen der Kamerabatterien dienen unserem Komfort. ... Entsprechend bestaunt werden die wenigen Reisenden, die am Cuanza Fluss unterwegs sind
... Entsprechend bestaunt werden die wenigen Reisenden, die am Cuanza Fluss unterwegs sind

 

Wir erkunden den breiten Sandstrand von Benguela. Der ganze Küstenabschnitt bietet wegen des hier kristallklaren Wassers ein vorzügliches Tauchrevier. In der Stadt säumen gut erhaltene Gebäude aus portugiesischer Zeit die breiten Straßen, Schulkinder in einheitlicher Sportkleidung strömen zu Wettkämpfen. Auf der ansteigenden Straße nach Gabella etwa 200 Kilometer nordöstlich von Benguela halten wir häufig an und erkennen immer wieder neue Vegetationsstufen. Die Wasserfälle Quedas de Agua da Binga laden zur erfrischenden Rast. In Gabela stehen die berühmten roten Lehmhäuser neben Kolonial bauten der Portugiesen. Auch in Luanda finden sich Zeugen dieser Bauepoche.

 

Das nicht weit entfernte Quibala ist noch weitgehend zerschossen: Verrostete Panzer säumen den Straßenrand. Vor Dondo überqueren wir auf einer der wenigen intakten Brücken den breiten Cuanza-Fluss. Auf selbst gebauten Holzflößen spielen Kinder Fährmann und Lotse in wechselnder Rollenverteilung. Schlichtweg atemberaubend ist der Anblick der bizarren Felsformationen von Pungo Adnongo, etwa hundert Kilometer östlich von Dondo. Vor Luanda wird die Straße besser, der Verkehr lebhafter, die Bebauung dichter. Straßenhändler verkaufen Scheren, Töpfe, Bilder, Uhren, Fischernetze und Holzschnitzereien. In der Hauptstadt Luanda quetschen sich die blauen Sammeltaxen in jede Lücke, und wo keine ist, wird sie erzwungen. Wir befinden uns in einer Großstadt mit nahezu drei Millionen Einwohnern. Rechts und links der Straße liegen Abfall, Autowracks, dazwischen suchen Ziegen nach Essbarem. Am Abend erleben wir das andere Luanda: Auf der llhas de Luanda serviert man uns Fischspezialitäten in einem Gartenrestaurant bei kühlem, südafrikanischem Weißwein und wir genießen den Blick von der Halbinsel auf die beleuchtete Küstenlinie.

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