Beitragsübersicht
Merkzettel ist leer
 
XXTrem, Mittwoch, 1. September 2004
von Hauptmeier Ariel

Aus dem Küchenzelt drangen Choräle, es war Sonntag, die Träger feierten Gottesdienst, und wenn wir aus dem Zelt schauten, kniffen wir die Augen zusammen, so blendete der weiße Gipfel.

Manchmal schämten wir uns. Die armen Träger, die 25 Kilo den Berg hinaufschleppen, damit wir unseren Luxus haben. Dann dachten wir: Gut, dass es diese Jobs gibt, denn sie sind ordentlich bezahlt, fünf Dollar verdient hier oben jeder und pro Tag. Dann fiel uns auf, was für ein absurder Gedanke das war, fünf Dollar, allein unsere Stirnlampen kosteten 35, und am Ende wussten wir gar nicht, was wir denken sollten, und schüttelten den Kopf über Tansania, eines der ärmsten Länder der Welt, wo die Menschen durchschnittlich 51 Jahre alt werden und 268 Dollar im Jahr verdienen. An diesem vierten Tag erreichten wir zum ersten Mal jene Zone, wo alles Leben zum Stillstand kommt. Hier und da gab es noch Distelbüsche mit weißen, papierenen Blüten oder brüchiges, gelbes Gras, doch immer mehr schoben sich schwarze, leblose Lavafelder in den Vordergrund. Am fünften Tag verschwanden noch die letzten Flechten und Moose. Immer mehr glich der Kilimandscharo, der höchste frei stehende Berg der Erde, einem Schutthaufen.

Im feuchten, kalten, nebligen Barafu Camp, auf 4.600 Meter Höhe, am Abend des fünften Tags, rief uns der Ober-Guide zum abschließenden Briefing zusammen. Honest hatte uns erzählt, dass er zwei Söhne hat, von denen der erste Happiness hieß, der zweite

Hans, nach einem seiner deutschen Gäste benannt. 175-mal, wussten wir, war Honest schon auf diesem afrikanischen Berg gewesen, noch zwei Jahre, dann wolle er aufhören, es sei nicht gut für die Gesundheit. Dann hoffe er, mit dem gesparten Geld einen Supermarkt zu eröffnen und Happiness und Hans zur Schule schicken zu können. „Ihr seid gut akklimatisiert", sagte Honest, als sich alle in der Messe versammelt hatten, „ihr werdet es alle schaffen. Ich bin ganz sicher." Wir gingen schlafen, nachmittags um sechs, gespannt, wie alles werden würde. Und schälten uns schließlich, nach viel zu leichter Nachtruhe, aus den gemütlich warmen Schlafsäcken, zwangen Kekse und Tee in uns hinein und gingen los, traten hinaus in die schwarze Kälte, in den Tunnel dieser letzten Nacht. Ich blicke auf die Uhr. Halb sechs. Noch immer ist es dunkel. Die Luft ist dünner und kälter geworden, wir gehen jetzt noch langsamer.

Küchenzelt - recht eng, aber schön warm
Küchenzelt - recht eng, aber schön warm
Morgensonne am Stella Point auf 5758 Meter Höhe
Morgensonne am Stella Point auf 5758 Meter Höhe

Nicht lange, da wird der Boden fester und flacher und noch flacher, und dann sind wir am Rand des riesigen schwarzen Kraters. Just in diesem Augenblick - welch geniale Planung, Honest! - geht unter uns die Sonne auf. Kaltes, glitzerndes Licht über weißen Wolken, den schönsten Wolken der Welt, die sacht wie Trockeneisnebel den Berg umspülen. Alle liegen sich jubelnd in den Armen, Gäste und Führer, und dann singen die Einheimischen ein Lied über den Kilimandscharo und wir alle klatschen und tanzen umeinander herum. Das ist vielleicht der schönste Augenblick der ganzen Reise. Bald sind wir eingehüllt in gleißenden Sonnenschein, der das Zittern aus den Knochen treibt und die Füße auftaut. Und dann gehen wir weiter. Eine Stunde ist es noch zum eigentlichen Gipfel. Der Pfad steigt kaum noch an, er führt in weitem Bogen um den Krater. Und dennoch schleichen wir, zeitlupenhaft und wie im Traum, und gleichsam traumhaft ist die Landschaft, die wir jetzt durchqueren: Schwarz und Weiß. Schwarz ist der Vulkansand, weiß sind die Gletscher. Blendend weiß. Und unter uns das Meer aus Wolken. Wir wandeln wie im Traum. Schließlich erreichen wir einen sanften Buckel, und würde da nicht ein hölzernes Schild aufgepflanzt stehen mit den Worten „You have reached the highest point of Africa", wir hätten den Gipfel verpasst. Höhe 5.895 Meter! Wir setzen uns, trinken, schießen Gipfelfotos oder schauen einfach in die Ferne. „Ein Horrortrip", murmelt Ottke, „ich fühle mich wie ein alter Mann. Aber es ist wunderschön. Das Schönste, was ich je gesehen habe. Das würde ich jetzt gern meiner Frau zeigen." Andere Wanderer kommen, manche gehen aufrecht, andere schleppen sich mit letzter Kraft, mit bleichen, zugleich von der Sonne verbrannten Gesichtern. Einmal kommen Deutsche, erkennen Ottke und lassen sich mit ihm fotografieren.

Deutsche, die Deutsche treffen - auf einem Gipfel, der einmal deutsch war. Denn Hans Meyer aus Leipzig und Ludwig Purtscheller aus Salzburg waren die Ersten, die diesen Punkt betraten, am 6. Oktober 1889, und Meyer schrieb später: „Ich pflanzte auf dem verwitterten Lavagipfel mit dreimaligem, von Herrn Purtscheller kräftig sekundiertem .Hurra' eine kleine, im Rucksack mitgetragene deutsche Fahne auf und rief frohlockend: Mit dem Recht des Ersterstei-gers taufe ich diese bisher unbekannte, namenlose Spitze des Kibo, den höchsten Punkt afrikanischer und deutscher Erde, Kaiser-Wilhelm-Spitze." Erst 1961 wurde sie umgetauft. Da entließ Großbritannien Tansania in die Unabhängigkeit und der Gipfel bekam umgehend einen neuen Namen: nämlich Uhuru Peak - „Freiheitsspitze".

Kibo-Gipfel mit Blick aus Nordwest
Kibo-Gipfel mit Blick aus Nordwest
Sven Ottke auf dem Kilimanjaro
Sven Ottke auf dem Kilimanjaro

Sechs Stunden später, zurück im Ba-rafu Camp, liege ich in meinem Schlafsack und versuche, mich so wenig wie möglich zu bewegen. Ich habe dröhnende Kopfschmerzen, die Folge der großen Höhe. Ich nehme erst noch ein Aspirin, dann mein Notizbuch und beginne zu schreiben: ,Wir sind glücklich. Faltig sind wir, verquollen und blass. Wir sind stolz. Wir sind am Ende, aber wir sind so zufrieden. Wir haben Blessuren. Paul sitzt vor seinem Zelt und hustet

schon seit einer halben Stunde. Lars ist so geschwächt, dass er am Ende getragen werden musste. Jetzt liegt er apathisch in seinem Zelt. Fuzzy kann kaum noch schlucken, so geschwollen ist sein Hals. Auch den anderen geht es nicht besonders. Trotzdem, was für ein Glück." Ich schaue auf. Das Camp ist eingehüllt in feuchte Wolken, Nebelfetzen jagen Richtung Gipfel, im Küchenzelt mur-

meln die Träger. Eine Stunde sollen wir uns ausruhen, dann steigen wir weiter ab, hinunter auf 3.000 Meter, hinein in die dicke, gesunde Luft. „Was für ein Glück", schreibe ich noch einmal, „ich bin so glücklich, so glücklich. Wir haben den Drachen besiegt, wir haben in seinem Blut gebadet, wir sind jetzt unverwundbar. Zumindest für die nächsten Tage. Ich fühle mich frei." Und dann lege ich den Stift beiseite und versuche, noch ein wenig zu schlafen.

 

Reisezeit

Die Hochsaison dauert von Dez.-Feb. Empfehlenswert sind auch die kaum kälteren Monate von Juli-Sept. In der Regenzeit, von Okt.-Nov., sind einige der Wanderrouten unpassierbar.

 

Veranstalter

Afrika Reisen Exklusiv
Karl-Simrock-Str. 64 b
53604 Bad Honnef
Tel. 02224/ 90 03 63
Fax 02224/ 90 03 64
www.afrika-reisen-exklusiv.com

Endemische Blütenpracht
Endemische Blütenpracht

 

Seite zurückSeite 2/2
Einleitung Afrikareisen Katalog Reisen Afrika Urlaub Sansibar Anbieter Seychellen Reise Madagaskar Urlaub Mauritius Anbieter La Reunion
Afrika Reisen Exklusiv
Afrika Reisen Exklusiv Afrika Reisen Exklusiv
Afrika Reisen Exklusiv
Afrika Reisen Wüste Afrika Reisen Boot Afrika Reisen Victoria Falls Afrika Reisen Safari Afrika Reisen Berge