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Rhein Main Presse, Samstag, 11. September 2004
Text & Fotos von Börsing Hilmar

Fahrt in ein strahlendes Gestern

Mit Tempo 60 zuckelt der Luxuszug „ Pride of Africa" durch die Landschaft zwischen Pretoria und Kapstadt

Luxuszug „ Pride of Africa"
Luxuszug „ Pride of Africa"

Ihre Namen sind legendär: der „Orient-Express“ nach Istanbul oder der „Ghan“ ins Herz Australiens. Die große Zeit der Luxuszüge hat mit dem „Blue Train“ auch im Süden Afrikas Tradition, doch seit Rohan Vos seinen „Pride of Africa" auf die Schiene setzte, hat Luxus auf Rädern hier einen neuen Namen. Eine Reise, zum Beispiel die von Pretoria nach Kapstadt über 1600 Kilometer und spurtreu einem 160 Jahre alten Pionierweg durch den afrikanischen Busch folgend, ist bei Rovos Rail mehr als eine behagliche Fahrt in einem luxuriösen Reisezug. Es ist eine vollkommene Illusion, eine reizvolle Mischung aus Afrika und ein wenig altem Europa.


Schon der Empfang der Gäste im Capital Park, dem privaten Zentralbahnhof von Rovos Rail in Pretoria, hat etwas Außergewöhnliches: Kofferträger in schwarz-grünen Uniformen stehen bereit, denn keiner soll sein Reisegepäck selbst aus dem Auto heben müssen. Chic gekleidete Hostessen geleiten die Ankömmlinge in einen großen Saal mit vergoldeten Kronleuchtern, antikem Mobiliar und schweren englischen Clubsesseln. Freundlich lächelnde Kellnerinnen bieten Champagner und Pralinen oder Tee mit feinem Gebäck an. Derweil spielt auf der Terrasse eine kleine Kapelle Wiener Walzer. Keine Spur vom 21. Jahrhundert, hier lebt die Kolonialzeit wieder auf.

Nach einer kurzen, launigen Begrüßung geht es an Bord des „Pride of Africa", und auch das Staunen hört nicht auf: ein eigenes Namensschild an der Schiebetür des ganz in Mahagoni getäfelten Abteils, das hier Suite heißt. Obst, Blumen und eine Flasche Champagner auf dem Tisch, daneben die Wetterprognose und die Reisebeschreibung für den nächsten Tag samt allen Sehenswürdigkeiten, wie etwa „Mittwoch, 10.40 Uhr – 25.000 Flamingos auf einem See rechts in Fahrtrichtung“. Das Bad erinnert an die Hitchcock-Zug-Filme, und selbst von der Dusche aus kann man Afrika vorbeiziehen sehen.

Samantha, die für unsere Suite zuständige Hostess, erklärt mit gewinnendem Lächeln das Zuhause für drei Tage und zwei Nächte. Elf Quadratmeter misst es, groß genug, um neben den Betten noch Tisch und Stühle zu platzieren. Ein Waggon verfügt über höchstens drei Suiten, in denen nicht mehr als sechs Personen untergebracht werden können. Das bedeutet: Es reisen maximal 72 Passagiere gemeinsam. Enge entsteht selbst bei voller Belegung weder in den beiden Speisewagen noch in der Lounge oder im Aussichtswagen. Der Fahrplan ist so abgestimmt, dass die Züge stets in die unter- oder aufgehende Sonne abfahren oder ankommen - gemächlich, sanft schaukelnd, gemütlich und äußerst luxuriös.

Ein Freund, so erzählt Rovos-Rail-Gründer Rohan Vos später schmunzelnd, habe ihn damals „einen armen Verrückten mit einer großartigen Idee" genannt. Damals, das war 1986, als er begann, seinen Traum von einer eigenen Eisenbahn zu verwirklichen und dabei sein gesamtes Privatvermögen für den Ankauf alter Lokomotiven und ausrangierter Waggons einsetzte. Den Ruin konnte er nur dank seiner Familie vermeiden, die ihn von Anbeginn unterstützte - oder unterstützen musste. Heute floriert das Unternehmen Rovos Rail, nicht zuletzt, weil es dem leicht verwitterten staatlichen „Blue Train" den Charme des Privat-Familiären entgegensetzt. Rohan Vos' Mutter, seine Frau Anthea und seine vier Kinder sind die Namensgeberinnen für die fünf Dampfloks und für einen der Lounge-Waggons.

Zwei der Dampfloks hatten die Berliner Borsig-Werke kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ans Kap geliefert. Und wie in alten Zeiten wird die Kohle von Hand in den Ofen geschaufelt. Doch die nostalgische Maschine zieht den Zug nur in der ersten und letzten Stunde der Fahrt, In der übrigen Zeit ist ein Triebwagen vor die dunkelgrünen Waggons aus den 30er Jahren gespannt. Fünfmal werden die Loks in den drei Tagen ausgetauscht und achtmal die Lokführer.

Mit Tempo 60 zuckelt der Zug durch die atemberaubende afrikanische Landschaft, die sich so in wahrhaft vollen Zügen genießen lässt. Zum Beispiel auf dem offenen Balkon am Ende des Zuges, wo sich Fahrgäste abends den warmen Wind Afrikas ins Gesicht wehen lassen und bei einem Glas roten Cap-Weins den strahlenden Sternenhimmel genießen. Oder an den großen Fenstern der beiden Lounge-Waggons, wo dunkle Teakholz-Jalousien notfalls die Sonne aussperren, wenn sie allzu aufdringlich die entspannten Passagiere beim Durchblättern der vielen Afrika- und Natur-Bildbände stört.

Ein neues Erlebnis wartet, wenn ein Steward mit einem Xylophon durch den Zug geht und musikalisch zu Tisch bittet. Zwei Speisewagen gibt es, den einen aus dem Jahre 1911 mit Teakholzsäulen und -tischen und viel Jugendstil, den anderen aus dem Jahr 1936, ein wenig nüchterner, aber mit Lederbänken, Kristallglas-Lampen und edlem Silber durchaus geschmackvoll eingerichtet. Freie Sitzwahl zu allen Mahlzeiten ist selbstverständlich, die erlesenen Weine samt einer bemerkenswert vielfältigen Haut Cuisine inklusive: Springbock-Filet in Zitronen-Honig-Sauce, Strauß mit Bokaap-Gewürzen oder Garnelen auf Honiggras - man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, den Einfallsreichtum des Gebotenen oder die Fähigkeit, Sterne-Kochkunst aus einer nur elf Quadratmeter großen Kombüse zu zaubern.

Drei Tage und zwei Nächte dauert die Fahrt mit dem „Pride of Africa" nach Kapstadt - oder umgekehrt, wenn man will. Eine Welt ohne Terminkalender, ohne Telefon, ohne Fernsehen, und für manchen eine Reise zu sich selbst. Zwei Zwischenstopps werden eingelegt, und auch die haben es in sich: Die einstige Diamanten-Metropole Kimberley mit einer Tour zum „ Big Hole", dem mit 800 Metern Tiefe größten von Menschenhand geschaffenen Krater der Welt. Hier drängten sich zeitweise 30000 Schatzgräber. In Old Kimberley, einer Art Freilicht-Museum, kann man an den original restaurierten Häusern die Zeit des Diamantenrauschs nachempfinden. Alles hier ist authentisch, nichts ist nachgebaut.

Matjiesfontain, am nächsten Tag, ist ein pittoresker kleiner Ort, bestehend aus einer Hauptstrasse, einem Hotel, einer Post, einem Teehaus, einem Souvenirladen, einem kleinen Museum und soviel viktorianischer Architektur, dass das ganze Nest heute denkmalgeschützt ist. Der Name übrigens hat nichts mit Fisch zu tun, sondern stammt von dem in der umliegenden kargen Karoo wachsenden Gras „Matjiesgoed"', das bei der Herstellung von Matten Verwendung findet.

Wenn der Zug erst den Hex River-Tunnel, den mit 16 Kilometern viertlängsten Tunnel der Well passiert hat und die ersten Weinfelder von Paarl mit ihren kapholländischen Häusern mittendrin auftauchen, ist Kapstadt nicht mehr weit. Ein beklemmendes Gefühl kommt auf, als wir die Townships der Kap-Metropole durch fahren, vorbei an Wellblechhütten und Behausungen aus Pappe und Stroh. Aber unübersehbar auch die vielen neuen Häuser, deren greller Farbanstrich die Düsternis des Lebens drinnen dennoch nicht übertünchen kann.

Pünktlich um 18 Uhr rollt das Luxus-Hotel, gezogen von der Lok Tiffany Nr. 439 - mit 109 Jahren die Seniorin unter den Lokomotiven von Rovos Rail in den Bahnhof ein: Wieder ein roter Teppich, wieder hilfreiche Geister, wieder Champagner und vielfaches Händeschütteln mit Menschen aus vieler Herren Länder, die sich näher gekommen sind in diesen drei Tagen. Man kam aus einem strahlen den Gestern in der rauhen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts an ...
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