Namibia, im südlichen Afrika gelegen, bietet einzigartige Landschaftsformationen. |
Stephan Brückners Jeep gleitet auf dem roten Sand der Namib-Wüste. Plötzlich stoppt der Deutsche den Motor. Er springt aus dem Land Rover. Eine weiße Feder hat er im knöcheltiefen Sand erspäht. „Weiße Falken“, sagt er. Mehr nicht. Er heftet das Fundstück an seine Kappe, auf die der Schriftzug „Wolwedans“ gestickt ist. Seine Augen funkeln wie die eines kleinen Jungen, als er beobachtet, wie die Sonne hinter den Dünen verschwindet. Ihre letzten Strahlen färben den Los Hill in einen Scherenschnitt, der aussieht wie die Silhouette des Ayers Rock in Australien.
Stephan Brückner ist zu Hause. Wolwedans ist seine Heimat. Der Landstrich ist das Herz des Namib Rand Nature Reserve in Namibia, des größten privaten Naturreservats im südlichen Afrika. Der Abendwind verweht den würzigen Geruch der Savanne. Das flach fallende Licht lässt die Dünen glühen. Die Farben tanzen – Grün, Rot, Ocker, Gelb,Orange, Braun und Violett. Sie wechseln sich ab, erst recht, wenn es wie in diesen Tagen geregnet hat. Dann gibt die Wüste das so seltene silbergrüne Buschmänner-Gras frei.
Früher gab es hier mehr Regen. Vor ein paar tausend Jahren durchstreiften noch Herden von Oryxund Kudu-Antilopen den Vorraum der inneren Namib-Wüste. Unzählige Felsgravuren und Malereien sind heute noch stumme Zeugen vomJagdglück derUreinwohner. Doch Tiere gab es ab etwa 1980 fast gar nicht mehr. Die Schaf-Farmer hatten das Land überweidet und ausgebeutet. Die Namib-Wüste fraß sich immer mehr nachWesten. Ackerbau und Viehzucht hatten die meisten Bauern wegen der Dürre längst aufgegeben. Jagen brachte mehr Geld. Sie lockten die Tiere aus dem benachbarten Naukluft- Park, schlachteten sie herdenweise ab und verkauften das Fleisch an dieMetzgereien und Restaurants in den Städten. Ihr Land verspotteten sie nur noch als Sandloch. Deshalb war es günstig zu haben. Eswar die Zeit, alsVater Albi Brückner seinen erstenHof in der Gegend kaufte. Er wollte eine Pufferzone zwischen dem Park und den Bauern schaffen, um der Wüste ihre Wildnis zurückzugeben.
Zusammen verdienen sie heute Geld mit Ökotourismus. Sie finanzieren Namib Rand mit der Ausgabe von Tourismuslizenzen an Safari-Unterkünfte, an einen Heißluftballon-Anbieter oder mit Passierscheinen für ausgewählte Routen, auf denen Touristen das Reservat mit dem Mietwagen durchqueren dürfen. 10 bis 15 Prozent zahlen die Lizenzinhaber an das Reservat. Seit drei Jahren erwirtschaften die Brückners Gewinn. Und sie schaffen Arbeitsplätze. 140 Menschen arbeiten im Reservat. Damit sind die Brückners einer der größten Arbeitgeber in ganz Namibia. Das Modell lobte sogar dieWeltbank.
Stephan Brückner quält sein Gefährt im kleinsten Gang den Berg hoch. Die Sonne istweg, aber die Dünen haben noch goldene Schleier auf ihren Kuppen. Brückner sieht einwenig aus wie Robert Redford in der „Pferdeflüsterer“. Seine Kindheit hat er inWolwedans verbracht. Dann hat er Betriebswirtschaft in Berlin studiert. Heute ist der 36-Jährige der Chef vonNamib Rand.„Oryx auf zehn Uhr“, flüstert er. Regungslos erstarrt die Antilope im Lichtkegel seiner Taschenlampe, ihre Augen funkeln gelb. „Die Tiere sind wieder da“, sagt Brückner. Und sie vermehren sich. „Der Bestand an Kudus- und Oryx-Antilopen hat sich erheblich verbessert, weil sich die Weidefläche erholt hat“, sagt Brückner. Zudem „nisten mehr als 120 Vogelarten im Reservat, sogar die weißen Falken“. Und auch die Raubtiere sind wieder gekommen: Leoparden, Löffelhunde, Wildkatzen, Aardwölfe und Schakale.
Baldwollen die Brückners auch Giraffen und Geparden im Park ansiedeln. Die Geparden zum Beispiel leben tausend Kilometerweiter östlich in der Kalahari. Sie kommen nicht
von allein nachWolwedans, weil dazwischen noch kommerzielles Farmland liegt – ein mehrere hundert Kilometer breiter Todesstreifen.Werden die Raubkatzen auf ihren Streifzügen
nicht erschossen, verenden sie meist qualvoll im Schlageisen. „Leider gibt es immer noch einige Bauern, die dem Reservat nicht beitreten und glauben, Jagen sei das bessere Geschäft“, sagt Brückner. Dabei wäre ihr Land im Reservat sogar vor dem Zugriff der Regierung von Präsident Hifikepunye Pohamba geschützt, die im vergangenen Jahr mit der Landenteignung derWeißen begonnen hat. Denn die Regierung könne nur Farmland enteignen, sagt Brückner. „Unser Land ist längst kein Farmland mehr.“