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General Anzeiger Bonn, Samstag, 2. Februar 2002
Text & Fotos von Heinz Dietl

Das Wunder am Sambesi

 An der Grenze zwischen Sambia und Zimbabwe stürzt sich ein Fluss hundert Meter in die Tiefe. Die Viktoriafälle sind immer eine Reise wert, das Victoria Falls Hotel pflegt britischen Charme auch in Krisenzeiten  

Main Falls: Die Viktoriafälle sind 1.700 Meter breit, pro Minute stürzen in der Regenzeit 55o Millionen Liter Wasser bis zu log Meter in die Tiefe
Main Falls: Die Viktoriafälle sind 1.700 Meter breit, pro Minute stürzen in der Regenzeit 55o Millionen Liter Wasser bis zu log Meter in die Tiefe

 Sam sitzt cool auf seinem Stuhl, spielt mit dem rechten Zeigefinger am Steuerrad und grinst in den Sonnenuntergang. Er ist, kaum zwanzig Jahre alt, ranghöchster "Offizier" auf dem kleinen Ausflugsschiff - und er genießt seine Berufung. Plötzlich, mit einem versteckten Griff an den Starterknopf, stoppt Käpt'n Sam die Maschine und simuliert eine Panne. Mitten auf dem Sambesi. "Leute", ruft Sam in die Runde der Passagiere, "ich habe zwei Nachrichten. Die schlechte:, Der Sprit ist alle. Die gute: Es gibt noch ausreichend Drinks an Bord."


Eine Flussfahrt, die ist lustig. Keine tausend Meter entfernt kracht der Sambesi hundert Meter in die Tiefe. Die Viktoriafälle, ein Weltwunder. Aber direkt an die Fallkante fährt kein Schiff. Die zwei Dutzend Touristen lachen lieber über Sams Scherze, und der junge Zimbabwer legt nach. "Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Sie sich retten können. Erstens: Sie schwimmen nach Zimbabwe, rüber ans linke Ufer, aber das ist der weitere Weg. Zweitens: Sie schwimmen nach Sambia, ans rechte Ufer doch dafür haben wir kein Visum." Außerdem blinzeln dort gerade ein paar Nilpferde und Nilkrokodile aus dem Wasser.

Noch lachen die Menschen im äußersten Westen von Zimbabwe, diesem schönen Land im südlichen Afrika. Noch zwingt die politische Lage keinen Zimbabwer ernsthaft zur Flucht ans rechte Sambesi-Ufer. Präsident Robert Mugabe, 77 Jahre alt und kein bisschen weise, will zwar mit aller Macht und allen Mitteln die Präsidentenwahl am 9. und 10. März gewinnen, doch nicht nur das Ausland macht Druck gegen das anachronistische Demokratieverständnis und die Landpolitik des Despoten. 

 	die Präsidentensuite
die Präsidentensuite
Stone Market: Das Geschäft auf dem Souvenirmarkt könnte bessergehen
Stone Market: Das Geschäft auf dem Souvenirmarkt könnte bessergehen

Es regt sich Kritik endlich auch in den Reihen von Mugabes ZANU-Partei. Auf Geheiß des Präsidenten sind bislang fast 1.500 von Weißen geführte Farmen enteignet worden. Bei dieser militanten Landnahme haben Mugabes berüchtigte "Bürgerkriegsveteranen", unterstützt von eigens rekrutierten Jungbrigaden, Angst und Schrecken verbreitet. Diese Geister möchte das Land wieder loswerden.

"In unserer Gegend gibt es keine großen Farmen", sagt Sinothando Bhebhe. Doch wer weiß das schon jenseits von Afrika. Die 28-Jährige ist Gästemanagerin und Sprecherin des legendären Victoria Falls Hotels. Dessen Buchungszahlen sind rückläufig, und es ist die Politik, die dem Geschäft schadet. Erst Mugabe, dann der 11. September, jetzt immer noch Mugabe. Sinothando Bhebhe hätte allen Grund zum Weinen, doch sie lächelt - und lässt sich sogar zu einer Hotelführung überreden.

171 Zimmer und neun Suiten hat der koloniale Kasten, der 1904 im Dunstkreis der Wasserfälle und mit Blick auf den abfließenden Sambesi errichtet wurde. Der britische Hotel-Klassiker gehört mittlerweile zur internationalen Sun-Gruppe, das Management ist überwiegend schwarz. Die meisten Besucher kommen wegen der Wasserfälle und bleiben deshalb nur eine, maximal zwei Nächte. Die Kleiderordnung ist lässig-leger. Safari-Teilnehmer erscheinen im Buschzwirn zum Dinner. Nur für den noblen Livingstone-Saal sollte sich der Herr von Welt eine Krawatte um den Kragen wickeln.

 

Sinothando Bhebhe öffnet die Tür zur Royal Suite, wo die Queen nächtigt, wenn ihr nach Wasserfällen zumute ist. Ziemlich winzig, für eine Windsor. Hillary Clinton weilte in der großzügigen Präsidenten Suite. Cliff Richard war hier, und über Chuck Norris haben viele der 300 Angestellten geschmunzelt. "Weil er in natura viel kleiner ist als in seinen Filmen“, kichert die Hotelsprecherin verstohlen. In ihrem perfekten blauen Kostüm sieht die Schwarzafrikanerin very british aus.

Viktoria Fälle
Viktoria Fälle

Sinothando Bhebhe verliert auch nicht die Haltung, als sie nach der Bedeutung ihres Vornamens gefragt wird. "We have love", sagt sie und lächelt. "Sinothando heißt: Wir haben Liebe." Namen sind nicht Schall und Rauch in dieser Ecke der Welt, wo das größte Wunder "Mosi-oa-Tunya" heißt. 550 Millionen Liter Wasser pro Minute sorgen für den "donnernden Rauch".
So wurden die Viktoriafälle genannt, bevor 1855 der erste weiße Mann kam und sah. Der Arzt und Missionar Dr. David Livingstone (1813-1862) gab dem Naturspektakel den Namen seiner Königin.

Die "Vic Falls", wie sie heute abgekürzt werden, stehen natürlich unter Naturschutz. Im Nationalpark gibt ein Fußparcours Schritt für Schritt den Blick frei auf die einzelnen Abschnitte der 1.700 Meter breiten Basaltkante. Bereits der "Rachen des Teufels" (Devils Catarac) verschluckt jedes Wort. An den "Main Falls" rauscht das Wasser bis zu 109 Meter in die Tiefe. Oft vernebelt eine Gischtfahne die gute Aussicht, Fontänen gehen über in richtigen Regen. Die Schirme und Regenmäntel, die am Parkeingang erhältlich sind, machen durchaus Sinn.

Unten am "Boiling Pot" sammelt und verwirbelt sich das Wasser, durch eine enge, verwinkelte Schlucht sucht sich der Sambesi seinen weiteren Weg. Letztens verlor einer sein Leben in dieser Wasserhölle. "Die Stromschnellen sind der absolute Kick für die Rafter", sagt der Fremdenführer. 

Wundervoll: das Victoria Falls Hotel
Wundervoll: das Victoria Falls Hotel
Auch der Guide hat einen einheimischen Namen, den sich keiner merken kann. Um Irritationen vorzubeugen, trägt er ein Schild mit der englischen Übersetzung am Revers, "Cryface" steht darauf und das wiederum irritiert doch, denn der sympathische Zimbabwer ist seit zwei Stunden bestens gelaunt.

 "Meine Mutter meint, ich hätte als Baby immer geweint", sagt er und lacht übers ganze Gesicht. Sein bester Freund heiße übrigens "Why Do We Die", sagt "Weinendes Gesicht" und begleitet seine Gäste noch zum Stone Market.

Der große Platz mit den Souvenir-Ständen liegt abseits der Fälle, im Zentrum des Touristenortes. Junge Händler verkaufen Kunst und Kitsch aus der Region. Das Geschäft geht schlecht, in den halboffiziellen Wechselstuben auf dem Platz kann man den Zim-Dollar beim freien Fall beobachten.

Wenn überhaupt, dann interessieren sich die wenigen Touristen an diesem Tag für Masken und Tierfiguren aus Ebenholz. „15 US-Dollar", sagt der Händler und zeigt auf eine handgeschnitzte Giraffe. Man einigt sich auf fünf US-Dollar. Auch das war wahrscheinlich reichlich. Doch es hilft, es bringt ein Lachen zurück.

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