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General Anzeiger Bonn, Samstag, 11. Januar 2003
von Klaus Elsen

Und der Fluss heisst Yourdanos

Und der Fluß heißt Yourdanos
Und der Fluß heißt Yourdanos

 Gemächlich, aber gewissenhaft dreht Yacoub Woldemot seine Runden. Über der Schulter des alten Mannes hängt an einem zerschlissenen Ledergurt eine uralte Kalaschnikow. Die Waffe und seine ernste Miene verleihen dem Greis Respekt. Vor allem bei den vielen Bettlern, die Yacoubs Reich belagern. Sein Reich, das ist das weitläufige Gelände der Kirche Debre Maryam Zion in Axum. Ganz im Norden Äthiopiens, nicht weit von der Grenze zu Erithrea entfernt.


Debre Maryam ist nicht irgendeine der vielen tausend christlichen Kirchen in Äthiopien. Sie ist die wichtigste von allen.

Denn in einer kleinen, eher unscheinbaren Kapelle neben der Marienkirche wird das Allerheiligste der äthiopischen Christen aufbewahrt: die Bundeslade mit den Gesetzestafeln, die Gott auf dem Berg Sinai Moses gab. Die Bundeslade, die der weise König Salomon seinem Sohn Menelik, gezeugt aus der Verbindung mit der sagenhaften Königin von Saba, anvertraute und der sie in sein Reich nach Axum brachte. Die Bundeslade, die für die Juden seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem als verschollen gilt. Christliche Symbole: Kopfbedeckung mit Kreuz beim Meskalfest
Christliche Symbole: Kopfbedeckung mit Kreuz beim Meskalfest

Dass es die „echte" Bundeslade ist, daran glauben alle christlichen Äthiopier und lassen auch keinen Zweifel zu, obwohl noch nie jemand das Heiligtum je zu Gesicht bekommen hat. Nicht einmal der wackere Kriegsveteran Yacoub mit seiner Kalaschnikow.

 

Meskalfest in Addis Abeba: Bunt ist das ganze Land während der größten christlichen Feste
Meskalfest in Addis Abeba: Bunt ist das ganze Land während der größten christlichen Feste

 

Einzig ein einsamer Mönchspriester, auf Lebzeiten erwählt vom äthiopisch-orthodoxen Patriarchen in Addis Abeba, darf den winzigen Raum betreten, in dem die Bundeslade steht. Aber er darf nie auch nur ein einziges Wort sagen über das, was er gesehen hat - er muss sein Wissen, das hat er geschworen, mit ins Grab nehmen.
Die Legende um die Bundeslade ist die wichtigste von unzähligen Geschichten, Sagen und Anekdoten, die Reisende zu hören bekommen, wenn sie der „historischen Route", von der Hauptstadt Addis Abeba kommend, in den archaischen Norden Äthiopiens gefolgt sind.

Unbekanntes Äthiopien: Priester in Gondar
Unbekanntes Äthiopien: Priester in Gondar
Relikt aus dem Bürgerkrieg: zerstörter Panzer bei Gondar
Relikt aus dem Bürgerkrieg: zerstörter Panzer bei Gondar

Axum ist heute eine kleine triste, staubige und arme Stadt in der Provinz Tigray, nicht weit von der bis vor kurzem noch umkämpften Grenze zu Erithrea. Doch an Geschichte ist die Stadt reich. Vor 1.600 Jahren war sie das Zentrum der ersten historisch greifbaren äthiopischen Hochkultur. Die Könige von Axum beherrschten nicht nur das äthiopische Hochland, sondern auch die Küsten von Erithrea am Roten Meer und das Gebiet des heutigen Jemen. Handelsbeziehungen reichten bis Indien, Ägypten, Palästina und sogar bis Griechenland. Aus Ägypten kam auch das Christentum um das Jahr 330 nach Äthiopien - und überstand alle Stürme der Geschichte bis zum heutigen Tag. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Oberhaupt der äthiopisch-orthodoxen Kirche, der Abuna, vom koptischen Patriarchen in Alexandria eingesetzt. Etwa die Hälfte der 65 Millionen Äthiopier sind Christen, 40 Prozent Moslems. Die restlichen zehn Prozent, vor allem die Völker im Südwesten des Landes, gehören Naturreligionen an. Die „historische Route" führt den Besucher nicht nur in die berühmten Kaiser- und Königstädte Axum, Lalibela und Gondor und an den Tana-See, aus den Blaue Nil entspringt. Sie führt auch in 1.700 Jahre äthiopischer Geschichte. Sie führt in die Zentren einer christlichen Kultur, die im ebenfalls christlichen Abendland bis heute kaum bekannt ist. Sie führt aber nicht nach Harar, Zentrum der äthiopischen Moslems, lässt die heißen Salzwüsten der Danakil-Senke im Westen und den tropischen, den afrikanischen Süden mit seinen vielen Völkern unberührt. Aber das sind Ziele für weitere Besuche in Äthiopien.

 

Oromo Hirten
Oromo Hirten

Die Herrscher von Axum bauten sich riesige Paläste. Den Palast von Dongur entdeckten 1906 die Mitglieder der deutschen Axum-Expedition. Die Könige ließen sich in unsichtbaren, unterirdischen Grabkammern zur letzten Ruhe betten. Riesige, an einem Stück aus dem Fels geschlagene und aus Kilometer weit entfernten Steinbrüchen herangeschaffte Stelen markierten die Königsgräber. Viele stehen heute noch im may hedja, dem Stelenpark von Axum. Der größte Monolith aber, mehr als 33 Meter hoch und 520 Tonnen schwer, hat nie aufrecht gestanden. Er ist beim Aufrichten umgestürzt, in mehrere Teile zerbrochen und liegt seit mehr als l .500 Jahren im äthiopischen Staub. 

Archaisches Land: Arbeit am Webstuhl
Archaisches Land: Arbeit am Webstuhl
Gastfreundlich: traditionelle Kaffee-Zeremonie
Gastfreundlich: traditionelle Kaffee-Zeremonie

 Noch monumentaler präsentiert sich die äthiopische Geschichte einige hundert Kilometer weiter südlich im Städtchen Lalibela. in 2.630 Metern Höhe an den Hängen der zerfurchten Berge von Lasta im zentralen Hochland gelegen. Als die Stadt noch Roha hieß, schuf sich hier im 12. Jahrhundert Kaiser Lalibela in nur 40 Jahren sein eigenes Jerusalem. Das echte Jerusalem war durch die Wirren der Kreuzzüge für Pilger aus Abessinien unerreichbar geworden. deshalb ließ Lalibela mehr als ein Dutzend Kirchen, etliche Kammern und zahllose Gänge aus dem roten Tuffstein schlagen.
Gut 240 Felsenkirchen gibt es in Äthiopien, aber in Lalibela finden sich die prächtigsten und gewaltigsten. Kaiser Lalibela ließ Kirchen aus einem Stück aus dem Fels hauen und gab ihnen Namen wie Golgatha, Sinai oder Heiliger Georg. Es gibt ein Grab des Jesus und ein Grab des Adam. Und der Fluss, der sich an Lalibela vorbei in tiefe Schluchten stürzt, heißt Yourdanos (Jordan). Die Stein gewordene Vision eines christlichen Jerusalems hat dem frommen Kaiser Lalibela einen Ehrenplatz in der äthiopischen Geschichte und den Titel eines Heiligen eingebracht.
In Lalibela, wie an vielen anderen Orten auch, trifft der Tourist aber auch auf die allgegenwärtige Not und Armut eines Landes, das durch Feudalherrschaft, kommunistische Diktatur, Bürgerkriege und Hungersnöte im Mittelalter gefangen geblieben ist. Wie vor lausenden Jahren pflanzen die Bauern heute noch „teff“ an, ein anspruchsloses, aber auch wenig ertragreiches Getreide. Weniger als einen Hektar Boden beackert jeder Bauer im Durchschnitt.
Überbevölkerung, Bodenerosion und primitive Anbaumethoden zwingen die Menschen von Lalibela dazu, sich auch in Jahren guter Regenzeiten auf dem Sportplatz zu versammeln und geduldig auf die weißlackierten Lastwagen der UN zu warten, die sich vollgepackt mit Lebensmitteln die steile Straße zur heiligen Stadt hinaufquälen.

Informationen

 

Karte Äthiopien
Karte Äthiopien

Reisezeit

Ganzjährig, aber grün ist Äthiopien während der Regenzeit (August bis Oktober) und in den Wochen danach.

Bunt ist das Land während der großen christlichen Feste:
7. Januar (Weihnachten) bis
19. Januar (Tauffest) sowie
11. September (Neujahr) und
27. September (Meskal oder Kreuzfest)

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